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Donnerstag, 19. Januar 2017

Ein Rock, ein Schal und viel Geschichte

Am vergangenen Sonntag machten wir einen Ausflug in das verschneite Potsdam und besichtigten dort den Cecilienhof. Der Cecilienhof ist u.a. bekannt geworden durch die so genannte Potsdamer Konferenz, die nach dem Ende des 2. Weltkriegs von drei der vier Siegermächten durchgeführt wurde, um zu entscheiden, wie es denn nun mit Deutschland weitergehen solle. Ich muss an dieser Stelle gestehen, dass mich Geschichte in der Schule nicht im Mindesten interessierte - zu langweilig, zu viele Zahlen und Daten, zu weit weg von der Gegenwart.

In der letzten Zeit jedoch besuchen wir immer wieder gerne Klöster und Schlösser in der Umgebung - und davon haben Berlin und Brandenburg eine recht beachtliche Anzahl. Und dort, am Orte des Geschehens, da wird Geschichte für mich greifbar und dadurch interessant.
So war es auch am vergangenen Sonntag. Die Dame, die die Besichtigung leitete, verfügte erstens über ein sehr fundiert wirkendes Wissen (zumindest für mich), über die Fähigkeit, eindringliche Bilder vor meinem geistigen Auge entstehen zu lassen und darüber hinaus über einen äußerst sympathisch wirkenden norwegischen Akzent. Ich hätte ihr sehr viel länger als nur 45 Minuten zuhören können.

Und wie sie so über die Entstehung des Schlosses (gebaut für die Frau des letzten Kronprinzen), den Untergang der Monarchie und über die Potsdamer Konferenz sprach, bekam ich immer wieder eine Gänsehaut, so ergreifend fand ich da die Historie. Aus welchem Grund ist dies in der Schule so selten anzufinden? Oder liegt es an mir? Am Älterwerden, dass mich historische Geschehnisse nicht nur interessieren, sondern tief beeindrucken?

Trotz meiner vielen Worte möchte ich keine Fotos vom Cecilienhof zeigen, sondern von meiner MAjordis. Genäht habe ich sie kurz nach Weihnachten und der Rock ist zu einem echten Liebhaberstück geworden. 

Den braunen Breitcord habe ich bei Karstadt zusammen mit den (überteuerten, aber was soll ich machen: Es war Liebe auf den ersten Blick) Knöpfen, die sich allerdings als ein wenig zu schwer herausstellten.
Ich habe bislang nie die Begeisterung für Breitcord nachvollziehen können. Er war mir zu derb und auch zu sehr Retro. Doch hier, für diesen Rock, erschien er mir plötzlich als die passendste Stoffmöglichkeit.



Die MAjordis ist schnell und einfach genäht, fällt allerdings ein wenig groß aus, was jedoch auch daran liegen kann, dass ich bei der Nahtzugabe immer ein wenig großzügig bin. Doch jeder, der näht, kennt das: Enger nähen ist einfach, weiter machen, vor allem bei aktiviertem Overlockmesser, nicht ganz so erfolgreich.


Der Versuch, anhand eines Bildausschnitts den Rock (und die Knöpfe!) im Detail zu zeigen...
Die Fotos mit meiner MAjordis finde ich allgemein schön, denn so kommt doch die Stimmung des Tages schön rüber. Leider ist der Rock nicht wirklich gut zu erkennen. Da hatten offensichtlich "mein Fotograf" und ich leichte Kommunikationsschwierigkeiten. Ich meine zwar mich erinnern zu können, dass ich rief: "Denk dran, dass der Rock im Vordergrund stehen muss!", doch vielleicht klapperten meine Zähne wegen der Kälte zu laut, als dass ich akustisch zu verstehen war. 



Oder der Schal wurde als wichtiger wahrgenommen. Der ist zwar auch selbstgemacht, aber sollte eigentlich nicht vorgestellt werden. Da er nun jedoch so überaus präsent ist: Es ist ein im Halbpatent gestrickter überlanger Schal aus der Drops-Wolle Andes. Er hält sehr gut warm und behält, geschuldet der guten Qualität der Wolle, seine Form. Meine Befürchtung, dass ich mich aufgrund des hohen Gewichts und der Länge wie mit einem Strick stranguliert fühle, erwies sich zum Glück als unberechtigt.



Da jedoch beides alleine für mich und von mir selbst gemacht ist (wie auch die Tasche, die ab und an hervorblitzt), bin ich heute zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit wieder beim RUMS dabei!

Übrigens: Ein Grund dafür, dass mich die historischen Begebenheiten so beeindruckt haben, könnte an etwas ganz Besonderem liegen:

Vor einer Woche bekam ich von meinen Eltern Unterlagen (Tagebücher, aufgelistete Rechnungen uns Ausgaben etc.) meines Urgroßvaters überreicht. Ich habe mich sehr gefreut und empfinde es als große Ehre, dass gerade ich diese z.T. sehr persönlichen und fast akribisch geführten Aufzeichnungen besitzen darf. Eines dieser Tagebücher berührte mich in ganz besonderer Weise, und das war das Tagebuch aus dem Jahr 1945. Und den Eintrag vom 08.05.45 möchte ich an dieser Stelle noch einmal wiedergeben. Aus Dankbarkeit, dass wir in einer Gegenwart leben können, die trotz allem - und glauben Sie mir, ich unterschätze nicht die Ängste und Bedrohungen, die von der widerlichen Willkür des Terrors ausgehen - eine Sicherheit mit einer relativen Selbstverständlichkeit bietet, die meine Urgroßeltern, Großeltern und Eltern mindestens für 6 lange Kriegsjahre ihres Lebens nicht spüren durften. Und auch der Versuch, das alltägliche Leben weiter zu leben, nicht zu resignieren, sondern weiterzumachen, wird auf für mich anrührende Weise deutlich.





 8. Mai - Dienstag
15 Grad am Morgen, nachher 20 Grad.
Ein herrlich mildes Wetter ist seit gestern eingetreten. Es ist gerade, als wenn sich mit unserer Unterwerfung die ganze Natur erfreute. Auch wir alle freuen uns, daß das Blutvergießen ein Ende gefunden hat. Die Feindmächte sind in diesem brutalen Krieg unsere Erlöser geworden. Heute konnten die Alliierten den vollen Sieg über Deutschland feiern und daß haben sie auch alle durch Rundfunkaufrufe getan. Auch der König von England hat einen Rundfunkaufruf gehalten.

Heute die Stangenbohnen gelegt und Kohl gesät. 



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