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Sonntag, 26. Juli 2015

Das Stricken und ich - Teil 1

Bevor ich anfing, zu nähen, habe ich gestrickt. Das heißt, das war nun auch nicht immer so. Gelernt habe ich es mit ca. 8 Jahren von der Mutter meiner Freundin. Kraus rechts, das ganze geradeaus aus beigefarbener Wolle. Mein Strickwerk durfte ich mit nach Hause nehmen, wo ich das ganze Wochenende damit verbrachte, zu stricken. 
Fertig war ich mit Aufbrauchen der Wolle. Da hatte ich nun mein kleines Rechteck mit den ungefähren Maßen von ca 10 X 20 cm. Ich war stolz wie Bolle. Nur---was fängt man mit so einem Stück an? Meine Mutter hatte die Idee, das Rechteck der Breite nach zusammen- und eine Kordel anzunähen und so daraus einen Muff für meine Puppen zu machen. Dieser Muff begleitete meine Puppe Marion die gesamte Zeit hindurch, in der ich noch mit Puppen spielte. Sie trug den Muff treu, brav und mit Fassung.

Wer nun meint, meine Strickleidenschaft sei geboren gewesen, der irrt. Und zwar total. Ich fand Stricken toll. Doch kraus rechts macht auf Dauer nicht glücklich und links stricken beherrschte ich nicht. Für einen Schal, der mir wirklich hätte gefallen können, reichte die Ausdauer nicht (man bedenke, ich war 8), Puppenkleidung fiel ohnehin aus - zu kompliziert - und so landeten die Stricknadeln im Nirwana, bis der Handarbeitsunterricht (ich berichtete hier bereits davon) mich zwang, sie wieder hervorzuholen. Wie bereits bei der genähten Weste war meine Motivation gleich null, denn wir sollten Puppenkleidung für eine von uns gebastelte Puppe mit Styroporkopf stricken. Furchtbar. Zum Glück hatte ich eine gute Freundin, die nicht nur gerne strickte, sondern auch hilfsbereit war und diese Aufgabe übernahm.

Im Laufe der Zeit entstanden viele Pullover mit zu engen Ärmeln (Strickmuster konnte ich nicht lesen und überhaupt verließ mich bei den Ärmeln die Lust, sodass ich an Maschenzunahmen sparte, um schneller davon abzukommen) und Schals, die sich an den Rändern kräuselten, weil ich nun zu kraus rechts zwar glatt rechts, aber weiter nichts gelernt hatte. Das schien es mit mir und dem Stricken gewesen zu sein. Beharrlich widersetzte ich mich dem Strickzwang der 80er Jahre, als nicht nur Männer strickten, sondern es auch ganz legitim schien, im Schulunterricht zu stricken. 

Und dann wurde ich 1997 schwanger. Und mit dem Einsetzen des Nestbautriebs, den ich aufgrund der Gegebenheiten nicht ausleben konnte, setzte die Lust auf Wolle und Stricknadeln ein. Ich strickte eine Mütze und eine Jacke in blau-weiß-geringelt. (Ich glaube, meine Tochter hat das nie getragen, wenn ich es mir so recht überlege). 

Und dann - passierte wieder Ewigkeiten nichts, bis ich durch Zufall, meine erste Tochter war ca. 1 Jahr alt,  in Kiel, dort wohnten wir inzwischen, an einem Wollgeschäft vorbeikam. Aus welchem Grund auch immer ich es betrat, es war die richtige Eingebung. Es war ein Wollgeschäft im alten Stil, mit einer Frau hinter dem Tresen, die aussah, als hätte sie schon mehrere hunderte Knäuel verstrickt. Und die gab mir etwas, was mir zuvor niemand gegeben hatte: Ein einfaches, von der Ladeninhaberin selbst geschriebenes Strickmuster für eine Kinderjacke im Perlmuster mit Zopf und dazu die richtige Wolle. Nebenbei erklärte sie mir in der typischen Art der Norddeutschen (bloß kein überflüssiges Geschnacke), wie man Zöpfe strickt, drückte mir die entsprechenden Nadeln in die Hand und schickte mich raus. Sie wolle jetzt endlich mal Feierabend machen, ließ sie mich wissen, wenn ich Probleme hätte, müsse ich eben ein anderes Mal wiederkommen. 

Es war toll. Perlmuster konnte ich (rechts und links hatte ich ja gelernt) und Zöpfe waren auch einfach und in der Wirkung für mich ganz große Klasse. Ich strickte und strickte und hörte nicht mehr auf. Als die Jacke fertig war, sogar mit Kapuze, wagte ich mich in eben jenem Geschäft an einen Kinderpulli mit Einstrickmuster. Auf meine Frage: "Ob ich das wohl kann?" erhielt ich die ernüchternde und zugleich aufmunternde Antwort: "Was daran wohl schwer sein soll? Zählen werden Se ja wohl können, oder? Und mehr brauchen Se nicht. Wenn's nicht klappt, kommen Se wieder. " Ich musste nicht wiederkommen, es klappte. Und spätestens jetzt war meine Leidenschaft geboren. Es war aber auch toll, denn Kinderkleidung hat definitiv den Vorteil, schnell gestrickt zu sein.

Irgendwann wurde es ein wenig ruhiger mit der Strickleidenschaft. Wir zogen nach Berlin, ich wurde wieder schwanger und lernte, als ich im 8. Monat war, eine Freundin kennen, die für ihr Leben gerne strickte (und nähte, das allerdings erfuhr ich erst später). Sie zeigte mir mein erstes Wollgeschäft in Berlin (wesentlich jünger und hipper als mein altes Wollgeschäft in Kiel), und immer, wenn wir uns trafen - und wir trafen uns oft - strickten wir.


Diese Jacke nähte ich, als ich mit meiner mittleren Tochter in der 32 SSW war. 9 Jahre später trug meine jüngste Tochter sie.




Diesen Strickmantel habe ich im März 2002 nach einem Strickmuster der damals aktuellen Rebecca  gestrickt. Meine Tochter fand ihren "Hippiemantel" toll, allerdings war er durch die schlechte Verschlussmöglichkeit nur bedingt im Alltag einsatzfähig


Stricken bedeutete für mich Entspannung pur, zumindest, solange ich immer ein kleines Kind hatte, das ich bestricken konnte. Denn die Sachen, die ich mir gestrickt habe, mochte ich nie so gerne. Doch einmal strickte ich mir aus ganz dicker Naturwolle eine dicken, taillierten Pullover mit Bündchen mit Effektgarn, der mir wirklich gut gefiel und ganz warm war. Und weil er mir so gut gefiel und so warm war, sollte er mit auf eine Motorradtour. Doch leider öffnete sich bereits in der ersten Stunden der Motorradfahrt früh am Morgen einer der beiden Motorradkoffer und mein wollweißer Pullover landete mitten auf der A 10. Es war Frühling, wir wollten eine 4 tägige Motorradtour durch Polen machen, ich friere ständig, auch ohne auf einem Motorrad zu sitzen, kurz: ich brauchte den Pullover. Also flitzte ich auf die Autobahn (um die Uhrzeit war noch nicht viel los), klaubte meinen Pullover auf und freute mich. Leider waren in der Zwischenzeit bereits diverse Autos über meinen Pullover gefahren, der inzwischen auf der Autobahn lag und wie ein überfahrenes Schaf aussah. Doch trotz der vielen Reifenabdrücke auf dem Pullover trug ich ihn das ganze Wochenende. Danach übergab ich ihn mit einer gehörigen Portion Trauer der Mülltonne, denn die Flecken waren nicht mehr auszuwaschen. 

Als ich dann viele Jahre später mit meiner dritten Tochter schwanger wurde, begann ich - man ahnt es schon - wieder mit dem Stricken. Ich strickte zuallererst eine Art "Sack" für die Babyautoschale. So viel Geduld bringe ich selten für ein Projekt auf, doch ich habe es geschafft und wir haben diesen Sack sehr gerne genutzt. 




Darauf folgten diverse Projekte, eben wieder für kleine Kinder. Ganz viele dieser Kleidungsstücke sind gar nicht mehr da, doch von einigen konnte ich mich nicht trennen. 


Diese Jacke strickte ich nebst passender Mütze im Frühling 2010 nach einem Strickmuster in der Brigitte. Leider habe ich den Ausschnitt ein wenig zu weit gestrickt, sodass die Jacke nie 100 prozentig gut saß. Wie man sehen kann, war die Jacke war sehr auf Zuwachs gestrickt.



Dann entdeckte ich das Paradies für Stricksüchtige und Wollliebhaberinnen: DROPS. So viele kostenlose Schnittmuster, so tolle Wolle und ein Online-Stoffhandel, der die Originalwolle schnell verschickt und dabei noch so freundlich ist. 

Hier entdeckte ich z.B. das Strickmuster dieser Erdbeermütze, die ich schon haben wollte, als ich noch mit meiner Jüngsten schwanger war, aber nicht für möglich hielt, dass ich sie selbst stricken könnte.


Die Mütze mit passendem Pulli strickte ich im Herbst 2010. Beide Teile waren echte "Mitwachsobjekte". Auf besonderen Wunsch meines Mannes strickte ich zumindest die Mütze im vergangenen Frühling einige Nummern größer noch einmal.


Das Stricken erreichte für mich so eine neue Dimension. Doch davon berichte ich in meinem nächsten Post.

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